„Du fragst mich ob du einen Löffel oder eine Gabel brauchst, doch sagst du mir nicht was du essen willst.“ ~~ Sprichwort
Hollywood, Popkultur und Mangas feiern das Katana als den Superstar der Schwerter. Dabei begleiten viel Unwissen und Mystifizierung den aktuellen Katana-Craze. Deshalb interessiert es viele Laien und Fans wer bei dem Duell Katana vs Langschwert gewinnen würde. Manche glauben sogar, dass ein Katana durch Gewehrläufe und Rüstungen schneiden kann. Es soll das ultimative Schwert sein. Wird das Katana diesem Ruf gerecht?
Als Beweis dienen häufig YouTube-Videos ihn denen ein Katana gegen ein Langschwert antritt und beide fünf mal gegen einen Plattenpanzer geschlagen werden. Anschließend wird der Gewinner ausgerufen. Diese „Beweisführungen“ werden ausgeführt von Leuten die beide Schwerter nicht handhaben können und weder dem Katana noch dem Langschwert gerecht werden. Katana vs Langschwert -Tests haben dabei immer etwas vom „Kampf der Kulturen“ und die Emotionen kochen hoch.
Personen und populärwissenschaftlichen Doku-Produktionen (etwa Historie Channel) von denen solche Einfälle stammen, kennen sich weder mit Stahl noch mit Schmiedetechniken aus, und mit Schwertkampf noch weniger. Katanas wurden nie gegen europäischen Plattenpanzer eingesetzt und waren auch nicht dafür gebaut diese zu durchbrechen. Genauso wenig wie ein europäisches Langschwert (auch Anderthalbhänder genannt) dazu gedacht war einen Schnitttest auszuführen, es ist eine Stichwaffe. Kein Soldat mit einem Meisterbrief vom Langen Schwert (eine Art Schwertkämpferzertifikat) käme auf die Idee seitlich gegen einen Plattenpanzer zu schlagen, ein Samurai bestimmt auch nicht. Das ist so effektiv wie mit einem Löffel eine Dose zu öffnen.
Einigen ist die Wahrheit nicht gut genug und es wäre aber falsch deswegen schlecht über das Katana zu reden. Es erfüllte die ihm zugedachten Aufgaben hervorragend. Der Leser sollte nicht vergessen, dass Waffen im Nutzungskontext zu bewerten sind. Katana und Langeschwert entstammen einen mehrere Jahrhunderte andauernden Wettlauf auf Leben und Tod. Ein Wettlauf der einen sozialen und einen wirtschaftlichen Kontext unterlag. Dies ist ein Korsett aus dem keine Entwicklung ausbrechen kann.
Das Katana war eine persönliche Duellwaffe, die erst im 17. Jh. ihre heutige Form erreichte. Es kam nie auf dem Schlachtfeld zum Einsatz, denn es ist eine Zivilwaffe. Bei der Beurteilung von Katana vs Langschwert Tests darf dies nicht ausgelassen werden. Das japanische Tachi war das Schwert für das Schlachtfeld sowie das Uchigatana. Diese beiden sind noch am ehesten mit dem Langschwert zu vergleichen. Der deutsche Zweihänder hingegen bildet das Gegenstück zum Ōdachi, diese wurde etwa ab dem 15 Jh. populär.
Bei Katana vs Langschwert Tests wird häufig Bezug genommen auf die überlegende Schmiedemethoden der japanischen Schmiede. Werfen wir daher einen Blick auf die Entwicklung der Schwertschmiedekunst. Die ersten Schwerter wurden wohl in Japan vor ca. 2.400 Jahren geschmiedet. Diese Schwerter waren grobschlächtig und von schlechter Qualität. Selbst die Römer konnten zu diesem Zeitpunkt schon hochwertigere Stahlschwerter schmieden, welche eine Härte von > 66 Rockwell (HCR) besaßen. Sie waren den Schwertern im Mittelalter ebenbürtig. Je höher der Härtegrad einer Klinge umso länger lebt die Klinge und bleibt scharf. Der Grad der Schärfe wird dadurch nicht wie häufig behauptet verbessert, auf einem molekularen Level sind hohe Härtegrade der Schärfe sogar abträglich. Würden wir Punkte bei dem Kampf Katana vs Langschwert vergeben, stünde es immernoch Null zu Null. Keiner der Stähle ist dem Anderem überlegen im Punkt Qualität. Beide sind hingegen modernen Stählen zwar überraschend ähnlich, aber selbstverständlich in der Präzision der Mischverhältnisse unterlegen.
Die antiken Japaner schmiedeten aber nicht aufgrund ihrer Unfähigkeit so schlechte Schwerter, sondern aufgrund des besonders stark verunreinigten Eisenerzes in Japan.
Kettenhemden und Plattenrüstungen waren u. A. deshalb in Japan nicht verbreitet. Japaner kannten Kettenhemden durch die Chinesen, nutzten aber Kettengeflecht nur zum Ausbessern von Rüstungsschwachpunkten. Ferner war das japanische Kettenzeug schwächer und leichter als das europäische Kettenhemd, welches schon die Kelten und Römer nutzen.
Eisenerz in Japan ist von minderer Qualität (liegt vorwiegend als Eisensand vor) und benötigt langwierige und kostspielige Aufbereitungsprozesse, zudem ist es auch relativ rar. Auf Mineralienatlas.de erhalten wir einen Einblick in die Entwicklung der japanischen Eisennutzung. Dort wird angeführt, das die ersten archologischen Spuren von Eisennutzung aus der Region aus China stammen, sie werden auf ca. 800 Jahre v. Chr. datiert. Es entstammte Meteoriten und wurde in der Region Xinjiang gefunden (Nord-Westen Chinas). Später erreichte durch tausende chinesische Flüchtlinge aus dem eroberten antiken Staat Wu (Region des heutigen Shanghai und Nanjing), die Hochofentechnologie (Rennöfen) auch Japan – dies geschah gegen 550 v. Chr.
Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten Funde japanischer Schwerter. Zwischen dem 1 -3 Jh. kamen die sogenannten Chokutō aus China nach Japan. Dies waren Schwerter mit einer geraden Klinge, einseitig geschliffen und nicht differenzial gehärtet. Die Abbildung zeigt Chokutō aus dem 6-7 Jh., also etwa 500 Jahre später. Die ersten Schwerter kamen durch Handel nach Japan, später stellten die Japaner selber Chokutō-Klingen her.
(Quelle: Wikipedia, Author: Uploadalt; GNU Lizenz)
Laut einer Legende erfand um 700 Jh. der Schmied Amakuni die Technik des vielfachen Faltens (macht den Stahl besser durch Homogenisierung) und dem Nutzen verschieden harter Stähle. Laut Legende schmiedete er dann das erste japanische Langschwert (Tachi). Das Nutzen verschiedener Stahlsorten dient der Lösung eines alten Problems, harte Stähle sind besser zu schleifen, splittern aber leicht, während weiche Stähle und Eisen eher stumpf werden, dafür aber nicht so schnell brechen.
Zur Lösung des Problems verbindet man beide Stahlsorten. Für die Klinge harten und für den Kern weichen Stahl. Die Verbindung verschiedener Stahlsorten kennen wir auch als Damaszener-Stahl. Dieser stammt, anders als der Name suggeriert, aus Europa, wurde aber in Japan eigenständig entwickelt. Er wurde in Europa von den Kelten in der Latènezeit entwickelt (500 -100 v. Chr.) und daher etwa 1.300 Jahre früher als in Japan. Bis heute sind noch etwa 50 so genannte keltische Knollenknaufschwerter erhalten.
Diese Waffen aus Damaszenerstahl und auch später jene der Sachsen, der Merowinger und der Wikinger, waren dem Katana bereits ebenbürtig. Ab dem 9 Jh. gelang es den Franken einen so guten Monostahl zu fertigen, dass Damaszenerstahl in Europa nicht mehr benötigt wurde (dieser ist aufwendiger und teurer in der Produktion). Viele Laien die behaupten, dass das Katana gegen das Langschwert gewinnt aufgrund überlegender Schmiedetechnik irren also. Damaszener-Stahl ist Monostahl nicht überlegen und aus wirtschaftlicher Sicht ein Debakel. Im Punkt Wirtschaftlichkeit gewinnt also das europäische Schwert im Test Katana vs Langschwert.
Allerdings verleiht es einem Schwert einen emotionalen Wert, wenn ein Schmied mehrere hundert Stunden Arbeit investiert. Das Schleifen von Hand allein dauert 120 Stunden, hinzukommt das Falten des Danaszenerstahls. Auch heutige echte Katanas müssen nach dem japanischen Gesetz handgeschmiedet und poliert werden. Erst diese fast religiöse Aufopferung des Schmiedes ermöglicht den faszinierenden „Wert“ den ein Katana darstellt.
(Quelle: Wikipedia; Author: Shizhao; CC Lizenz)
Zur Zeit des Schmieds Amakuni wurden die ersten Tatara-Öfen (Rennöfen) aus China eingeführt, was ihm die Entwicklung dieses japanischen Damaszener-Stahltyps ermöglichte. Ziel des Verbindungsprozesses ist es letztlich einen homogenen Stahl zu erzeugen, dessen Eigenschaften an bestimmten Punkten variieren. Die Tatara-Öfen liefern einen minderwertiges Erzeugnis (Tamahagane), aufgrund des Eisensandes, mit etwa 0,6–1,5 % Kohlenstoffanteil. Üblich sind zur Homogenisierung 8 bis 15 Faltungen von 2 Stahlbarren mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften, was ca. 32.000 Lagen ergibt (Rechnung: 2 Lagen^15 Faltungen). Als Ganzes wird das Schwert nur in der „Maru“-Form gefaltet (siehe Bild). Für z. B. „Kobuse“ werden 2 Stahlbarren, mit im Ergebniss weicheren Stahl, mit einander für den Schwertkern vermengt (ausgleichen des Kohlenstoffanteils bei verschiedenen Stahlchargen) und dann noch einmal 2 Stahlbarren für die Klinge. Anschließend wird Kern und Klinge durch hämmern verbunden.
Jeder Charge hat beim Anteil des Kohlenstoffes ein sehr großes Spiel, deshalb müssen Stähle aus Rennöfen, wie dem Tatara, gemischt werden. Gleichzeitig verliert Stahl auch im Faltungsprozess Kohlenstoff weshalb Eisen mit hohen Kohlenstoffanteil zugegeben werden muss, bis die die gewünschten 0,6–0,7 % erreicht sind.
Das Katana ist also weder aus besseren Stahl gemacht als ein europäisches Langschwert, noch ist es schärfer. Eine Nihonto-Klinge ist z. Bsp. 6 bis 9 Millimeter dick und verjüngt sich nicht zur Spitze hin. Während dessen sind europäische Langschwerter an der Spitze nur 2 mm dick (Bsp. 1; Bsp. 2). Fälschlicherweise wird auch behauptet Katanas hätten einen überlegenden Winkel des Schliffs. Wie hier nachzulesen ist, hat jedoch der Winkel für die Schärfe einen geringeren Einfluss als die Dicke der Klinge. Katana vs Langschwert Test sollten nicht auf die Schärfe klopfen. Beide Waffen trennen mühelos einen Arm durch, aber keine schneidet durch einen Plattenpanzer. Daher auch die dünne Spitze des Langschwertes, denn man probierte durch „Halbschwerttechniken“ die Panzer zu durchstechen oder in Lücken zu stechen!
*Anmerkung zum Terminus: Langschwert bezeichnet eigentlich einen Zweihänder, während Langes Schwert ein anderer Begriff für Anderthalbhänder ist. Der Autor nutzt aus Gründen der SEO-Optimierung den Begriff bewusst falsch, gemeint ist Anderthalbhänder.
Der Terminus Bastardschwert ist hingegen stark umstritten. Einige Historiker bezeichnen es als Synonym für den Anderthalbhänder, andere sagen es bezeichnet ein Anderthalbhänder mit dem Griff eines Zweihänders (längerer Griff = größerer Hebel), wieder Andere sagen es ist ein Einhänder mit langem Griff. Alle Begriffe wurden im Laufe der letzten 500 Jahre mehrfach unterschiedlich gebraucht.