Tipps & Info Plattenhandschuhe kaufen

Fäustling-Plattenhandschuhe, geschmiedet von Pavel Marek

 

 

Der Schutz der Hände ist beim Historischen Fechten in Schaukampf und noch vielmehr beim Vollkontakt enorm wichtig. Sicherlich, in Codex Belli, Jacamart und HEMA sind die Hände keine Trefferzonen, aber daneben geht es immer. Für alle die Ihr wichtigstes Arbeitsinstrument schützen möchten, wurde dieser kleine Guide geschrieben.

Arten von Plattenhandschuhen

Grundsätzlich wird in Fingerhandschuhe und Fäustlinge unterschieden. Dabei werden die Fäustlinge auch Mailänder-Handschuhe genannt. Unabhängig des Typs wird auch nach dem Einsatz des Innenhandschuhs unterschieden. Das hat eine ziemliche Bedeutung für Pflege und Langlebigkeit (später mehr). Anzutreffen sind: Plattenhandschuhe in denen ein Lederhandschuh verklebt wurde und Handschuhe wo Lederschlaufen an das Metall genietet wurden, um mit eigenen Lederhandschuhen dort hinein zu schlüpfen.

Plattenhandschuhe mit Fingern, Spätmittelalter

Finger-Plattenhandschuhe, von fabri-armorum.com

Fäustling-Plattenhandschuhe, geschmiedet von Pavel Marek
Fäustling-Plattenhandschuh, von ArmoryMarek.com

Eine dritte Option ist ein Hand-Rundumschutz, der wohl nicht sehr historisch ist (man kann die Waffe nicht loslassen), aber sehr sicher. Bei diesem System wird zuerst die Hand in die „Glocke“ geschoben und dann das Schwert von oben nach unten hindurch, natürlich nutzt man in der Metallglocke einen weichen Dreifingerhandschuh oder Motorradhandschuh.

 

panzerfaust-mittelalter-artikel-de

Rundum-Handschutz, links: Ansicht von der Seite; rechts: Ansicht von unten; von Mittelalterartikel.de

 

Vor und Nachteile der Plattenhandschuh-Typen

Obwohl jeder Handschuh besser ist als kein Handschuh, bieten alle Typen verschiedene Vor- und Nachteile. Auf jeden Fall spielt eine große Rolle wie und mit was ihr kämpft sowie nach welchen Regeln. Außerdem solltet ihr euch im Klaren sein, dass das Gewicht zu Anfang ungewohnt hoch ist. Meine Finger-Plattenhandschuhe wiegen 2,5 Kg, das ist anstrengend und verändert das Waffenverhalten. Mein Langschwert bekommt auf den Weg mehr Wumms, aber is auch „schwerer“ zu stoppen -> gefährlich. Aber natürlich gewöhnt man sich daran.

Finger-Panzerhandschuh

Vorteile:

  • Sie kriegen volle Punkte für die Beweglichkeit, das ist für Waffenkontrolle, Nahkampf (Hebel, Würfe, Griffe und Schlägen sowie Waffen entreißen) und das Griffgefühl nützlich.
  • Sie verrutschen fast nie, bzw. die Hand darin, was insbesondere bei Fäustlingen ein Problem ist – dort rutscht innen schon mal ein Finger raus.
  • Sie ermöglichen Interaktionen mit der Umwelt und dir selbst -> Helm absetzen, Visier öffnen, Hose zurechtrücken und trinken sind einfacher, wobei hier nur ein sehr geringer Vorteil besteht

Nachteile:

Der Schutz ist weniger wirkungsvoll, insbesondere, wenn man einmal falsch blockt und einen Schlag auf den Daumenrücken bekommt. Auch die Fingerzwischenräume sind anfällig gegen Stiche. Größter Nachteil ist die direkte Schlagübertragung auf die Hand. Zwischen Finger und gegnerischer Waffe befinden sich nur 1,3mm Stahl und etwas dünnes Leder. Ein Volltreffer schmerzt stark – etwa so als würde man seinen Daumen unter ein Küchenbrett legen und mit einem Hackbeil rauf hauen. Toll es gibt kein Schnitt, aber die Wucht geht genau in das Daumengelenk.

Ein anderer Nachteile ist dass sich Langwaffen wie Darnäxte leicht verhaken, dies könnte aber auch ein allgemeines Problem sein, denn vorwiegend ist die Daumenplatte davon betroffen. Allerdings kann das mit einzelnen Fingern auch geschehen.

Fäustling-Panzerhandschuh

Vorteile

Der Schutz von Mailänder-Plattenhandschuhe ist höher als bei Fingerhandschuhen, das hängt mit zwei Dingen zusammen: Der Part der den Daumen schützt ist breiter, dadurch wird auch der Daumenansatz mit Kapsel und Gelenk besser abgedeckt (hier gehen gern fehlgeleitete Stiche hin) und zweitens ist er mit mehr Material (Fläche) am eigentlichen Handschuh vernietet, wodurch mehr Wucht auf den Hauptkörper übertragen wird.

Da es keine Lücken zwischen den Fingern gibt, haben Stiche und abgerutschte Schläge keine Chance. Das ist wichtig bei Verwendung von Halbschwerttechniken. Außerdem führt der geschlossene Körper grundsätzlich zu einer besseren Wucht-Verteilung, das ist schonender für die Gelenke. Damit sind Fäustlinge erste Wahl für Speerkämpfer und Helebardiere.

Das Gewicht ist nicht grundsätzlich höher, denn der Fingerschutz ist nur eine durchgehende Fläche anstelle von sich überlappenden Platten.

Nachteile

Die meisten Modelle leiden an einer schlechten Beweglichkeit des Handgelenks, was Schlicht damit Zutun hat, dass nicht ausreichend Gelenkpunkte in den Handschuh gebaut wurden. Der Fingerhandschuh im Bild (oben) hat dank seiner 5 Gelenkplatten eine fantastische Beweglichkeit und jedoch auch alle Nachteile die schon beschrieben worden sind.

Der Plattenfäustling im Bild hat hingegen nur eine einzelne Gelenkplatte – das ist für viele Huten im Langschwertkampf ein Nachteil – z.B. verlangen der rechte Hängende Ort und der Zwerchhau („Helikopter“) nach einer starken Handgelenksdrehung. Wobei ich den abgebildeten Handschuh noch nicht anhatte – jedoch ähnliche.

Panzerfaust

Vorteile

Der Vorteil ist perfekter Schutz, selbst ein direkter Axt-Treffer scheppert nicht allzu sehr in den Knochen. Insbesondere Leute die schon einmal Gelenksverletzungen oder gebrochene Finger hatten, werden das Gefühl der Sicherheit sehr zu schätzen wissen. Alle Finger und der Handrücken sind durch die Panzerfaust sehr gut geschützt. Das rührt daher, das die Wucht nicht direkt übertragen wird, der Handschutz liegt sozusagen nur auf Hand und dem Handgelenk auf.

Der Handschuh ist leichter als die anderen Typen von Plattenhandschuhen.

Nachteile

Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit ist ein echter Nachteil, man kann die Waffe ja nicht einfach loslassen sondern muss erst Schwert/ Axt oder Speer aus dem Rundum-Schutz ziehen. Greifen und ähnliches entfällt natürlich komplett.

Davon ab ist die Lautstärke etwas anstrengend, da die Panzerfaust viel Spiel hat (sie liegt ja nur auf der Handkante und dem Gelenk auf), klirrt sie ständig gegen das Parier oder andere Rüstungsteile. Es klingt nach einer losen Blechdose.

Ferner passen viele Knäufe nicht durch die Öffnung, insbesondere Kugel, Kegel oder Glocken und Kronen-Formen sind zu breit. Sollte außerdem das Parier eures Wiki-Schwertes etwas dünn sein, wird die Panzerfaust schnell ÜBER das Parier rutschen. Das ist nicht dramatisch, stört aber.

Langschwert-Kämpfer müssen sich hingegen die Blechkrempe zurecht biegen (Schutz des Handgelenks), damit ihr Parier nicht ständig verdreht wird. Ich hatte nach der ersten Nutzung schreckliche Handgelenksschmerzen, weil ich genau das nicht getan habe. Auch sind bestimmte Huten nur unbequem auszuführen – etwa der Zwerchhau.

Im Gegensatz zu Plattenpanzerhandschuhen bedeckt die Panzerfaust den Unterarm nicht, daher sollte man hier zusätzlichen Schutz nutzen.

Es ist wirklich kein perfektes Rüstungsteil, aber für kurze Duelle bietet es einfach fantastische Schutzqualität.

Tipps zum Kauf von Plattenhandschuhen

Ein besonders wichtiger Punkt stellt die Befestigung des Handschuhes dar. Egal ob es sich um einen Plattenpanzerhandschuh mit eingeklebten Lederhandschuh handelt oder um einen Plattenhandschuh mit Schlaufen, unbedingt wird ein Lederriemen für das Handgelenk benötigt, ansonsten schlabbern sie und verrutschen!

Gleichfalls empfohlen ist ein Lederriemen quer über die Handinnenfläche, dieser und der Handgelenksriemen sind nötig, um das seitliche Abrutschen des Handschuhs zu verhindern. Denn beim Kampf zeigen die Handschuhe mit dem Rücken vorwiegend nach außen, dadurch zieht ihr Eigengewicht sie.

Plattenhandschuh mit Fingern

Ohne Lederriemen über Handinnenraum, zieht das Metall nach außen. Zwischen den Fingern dürfen die Platten wenig spiel haben. Foto von Zeughaus.info

Stangenware kommt leider in Einheitsgröße daher (Größe 10), ein guter Schmied kann sie vor dem Versenden anpassen. Euch sollte aber klar sein, dass die wenigsten Schmiede noch selber Plattenhandschuhe produzieren. Häufig stammt der ganze Handschuh oder zumindest die Einzelteile aus Indien etc. und werden dann nur noch zusammengesetzt, von Mittelaltershop-Seiten muss gar nicht erst gesprochen werden.

Handschuhe sollten einen durchgehenden Unterarmschutz haben, viele bieten diesen nur oben auf den Unterarm. Der rechte Unterarm stellt jedoch eine der Haupttrefferzonen im Schwertkampf dar, zumindest für Rechtshänder, die gegen Rechtshänder kämpfen.

Plattenhandschuh von Pavel Marel

Handschuh mit Unterarmschutz und Handgelenksriemen, Foto von ArmoryMarek.com

Ein weiterer Punkt ist das Zusammenspiel der Platten. Bei Fingerhandschuhen sollten, beim Bilden einer Faust, nur sehr kleine Finger-Zwischenräume übrig bleiben. Daher müssen die Schuppen ausreichend breit sein. Gleiches gilt auch für die Fläche die das Daumengelenk bedeckt und Haupthandschuh mit Daumenplatte verbindet.

Verklebter Lederhandschuh oder doch nur Lederschlaufen?

Fingerhandschuhe mit Lederschlaufen (man kann mit eigenen Handschuhen hinein schlüpfen) brauchen weniger Pflege als verklebte Handschuhe, denn die lösen sich regelmäßig. Auch das Leder selbst reißt häufig durch die Zugbelastung des Metalls. Natürlich sind externe Handschuhe auch vielleichter zu wechseln.

Bei der verklebten Variante können dafür keine Finger aus den Schlaufen rutschen, gerade die Schlaufen nahe der Fingerkuppe passen von der Höhe her oft schlecht. Letztlich kann so ein Verrutschen dazu führen, dass der Finger exponiert wird.

Beide Systeme haben Ihre Berechtigung, ich tendiere jedoch aufgrund des geringeren Pflegeaufwandes eher zu der Schlaufen-Variante.